Erste Expertinnenlecture - Qualitätskriterium Gender Mainstreaming?
- Begrüßung durch die ProjektleiterInnen
- Vortrag mit anschließender Diskussion: Univ.Prof.in Dipl.Ing.in Dr.in Edeltraud Hanappi-Egger
- Pause
- Vortrag mit anschließender Diskussion: Prof.in Dr.in Britta Schinzel
- Moderierte Podiumsdiskussion
Abstract:
Gender Mainstreaming und eLearning-Strategien
Um digitale Medien dauerhaft und breit als Lehr-, Lern- und Arbeitsmittel an Hochschulen zu integrieren, ist es notwendig die – zum Teil divergenten – Ausgangslagen, Interessen und Bedürfnisse von Frauen und Männern in gleichem Maße zu berücksichtigen.
Im Rahmen der ersten Expertinnenlecture wird ein Panorama über das Spannungsfeld „Gender und eLearning“ geboten. Im Zentrum stehen Fragen nach der Bedeutung eines geschlechtersensiblen Umgangs mit digitalen Medien im Hochschulalltag. Dies betrifft zahlreiche Ebenen: Von universitären Organisations- und Planungsstrukturen bis hin zur konkreten Umsetzung und Durchführung von eLearning-Lehrveranstaltungen. Hierbei sind sowohl technische Grundlagen, didaktische Herangehensweisen und soziale wie (lern-)kulturelle Kontexte zu berücksichtigen.
Folgende Fragen stehen im Zentrum der Auseinandersetzung:
- Welche geschlechterspezifischen Konzepte für eLearning existieren?
- Welche positive Rückwirkungen hat die Berücksichtigung und Integration von Gender Mainstreaming in Forschung und Lehre auf
- Dropout-Quoten
- Lernmotivation
- Lernergebnisse?
- Warum zählt Genderkompetenz zu den (anzustrebenden) Schlüsselqualifikationen von Lehrenden und Studierenden und inwiefern ist Gender Mainstreaming Qualitätskriterium?
Was bedeutet das für Naturwissenschaft und Technik? Es kann nicht darum gehen ein spezielles Design für Frauen zu entwickeln sondern Organisationen als Orte der Vergeschlechtlichung und ihre sogenannten „gender patterns“ zu diskutieren, Geschlechterzuschreibungen aus unserer Vorstellungswelt zu hinterfragen statt Geschlecht als biologisch determinierend zu betrachten. Welche Gender Codes für Femininität und Maskulinität herrschen vor und welche Geschlechterrollenerwartungen sind daran geknüpft?
Eine innovative Methode von Hanappi-Egger ist der „Erweiterte evolutionäre Entwicklungs Ansatz“. In der Entwicklung von software wurden bis jetzt Funktionalität und Spezifikation überprüft. In einer dritten Reflexionsrunde könnten Vorstellungswelten der EntwicklerInnen überprüft werden. Anhand eines Forschungsprojektes stellt Hanappi-Egger die Frage wie Geschlechtereinschreibungen sich in technologischen Produkten manifestieren und welche Qualitätsverständnisse in Software – Projekten existieren. Durch Mind Scripting, eine Methode basierend auf Erinnerungsarbeit von Frigga Haug, werden Mentale Modelle als Produkte kollektiver sozialer Konstruktionen analysiert. Die Ergebnisse des vorgestellten Projektes zeigen, dass SoftwareentwicklerInnenteams sich oft der eigenen Diversität nicht bewusst sind, stark auf Mainstream-Verfahren und Ich-Methodologie zurückgreifen und von widersprüchlichen Qualitätskonzepten ausgehen. Was man daraus für eLearning schließen kann ist dass gendersensible Gestaltung nur durch Bewusstmachung des Nutzungskontextes und Hinterfragen der Ich-Methodologie, der Zuschreibungen und damit verbundenen Reproduktionen spezieller Geschlechtervorstellungen, erfolgen kann.
Britta Schinzel spricht in ihrem Vortrag von einer Wechselwirkung von sex und gender und greift deswegen auf den Begriff Geschlecht zurück, der beides umfasst. Sie beschreibt die Entwicklung von Frauenförderung hin zur Gleichstellungspolitik bis hin zum Gender Maistreaming und geht dann genauer auf diese Maßnahme ein. Gender Maistreaming ist als top-down Vorgehen zu verstehen, dass von politischen Akteuren getragen wird und in alle Entscheidungen miteinfließen soll. Als rein organisationales Projekt weist es aber auch Defizite auf. Statt Veränderungen durch einen rein personellen Austausch auf Strukturebene bewirken zu wollen müssen die Fächer selbst verändert werden. Das Herausführen aus einem fachimmanentem Blick Richtung Interdisziplinarität und das Öffnen eines Spannungsfeldes zwischen erkenntnistheoretischen und handlungsorienten Fragen sind zwei Beispiele für eine mögliche Erweiterung des Begriffes.
Ähnlich wie Hanappi-Egger geht auch Britta Schinzel davon aus, dass es bestimmte symbolische Kodierungen und Muster mit geschlechtlichem Inhalt gibt. Diese Vergeschlechtlichung befindet sich in einem ständigen Veränderungsprozess und kann nur schwer festgehalten werden (womit auf eine der grundlegenden Schwierigkeiten in der empirischen Forschung hingewiesen sei). Aus diesem Grund ist eines der wichtigsten Ziele der Genderorientierung in eLearning Projekten das Schulen des Blickes als Wahrnehmungs- und Unterscheidungskategorie, der kritische Intervention ermöglichen soll. Der Erwerb einer hohen Medienkompetenz, zu der nicht nur die Handhabung des Mediums sondern auch Kommunikationsfähigkeiten und selbstständiges Urteilsvermögen zählen, ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil gendersensitiver Implementierung. In weiterer Folge gibt Schinzel Daten zur Nutzung von Neuen Medien an und Hinweise wie in der Neuorganisation der Lehre, die durch eLearning stattfindet, Chancen zur Veränderung wahrgenommen werden können.
Jakob Krameritsch, 21.04.06, 12:22 | Comments (0) | TrackBacks (0)